Stephan Rieke, Investment Office Private Wealth Management ODDO BHF

…Ohne Gesundheit ist doch alles nichts

Aktien aus dem europäischen Gesundheitssektor hatten zuletzt einen schweren Stand. Der Bereich hatte sich schon im vergangenen Jahr, etwa seit September 2024, unterdurchschnittlich entwickelt. Im Verlauf von 2025 vergrößerte sich der Rückstand gegenüber dem europäischen Gesamtmarkt noch einmal deutlich. Der europäische Markt insgesamt (gemessen am MSCI Europa in Euro) kommt im Jahresverlauf von 2025 eine Rendite von 16,1 Prozent. Der Gesundheitssektor dagegen erreicht nur eine Rendite von 6,1 Prozent und bleibt damit weit abgeschlagen.1) Aufgrund des Kursrückstands ist allerdings die Bewertung aus unserer Sicht interessant geworden. Das gilt umso mehr, als die Gewinnentwicklung resilienter zu sein scheint als erwartet. Wir haben dies zum Anlass genommen, die Untergewichtung des Gesundheitssektors in den von uns verwalteten Portfolien zurückzuführen.

Gründe für die Schwäche des Gesundheitssektors gibt es einige. Neben Sorgen hinsichtlich der Innovationskraft der Unternehmen spielte die Abflachung des Umsatzwachstums und vor allem auch der politische Gegenwind in den USA eine Rolle. Die dänische Novo Nordisk beispielsweise, lange Zeit der dickste Fisch im Teich der Diabetes- und Abnehm-Präparate, musste im Herbst 2024 aufgrund des verschärften Wettbewerbs durch Produkte des US-Anbieters Eli Lilly seine Umsatz- und Gewinnprognosen nach unten revidieren. Zudem blieben die Versuchsergebnisse für ein neues Medikament zur Gewichtskontrolle (CagriSema) enttäuschend. Generell dürfte die Schwäche des Gesundheitssektors aber auch einer Normalisierung der Verhältnisse nach Corona geschuldet sein. Im laufenden Jahr hat zudem die Abwertung des Dollars die Ergebnisse der Unternehmen beeinträchtigt.

Besonders zugesetzt hat den europäischen Gesundheitswerten jedoch der politische Druck aus den USA. Schon früh hatte US-Präsident Trump klar gemacht, dass er für die Patienten in den USA niedrigere Preise für Arzneimittel durchsetzen will. Tatsächlich sind die Medikamentenpreise in den USA die mit weitem Abstand höchsten der Welt, speziell für Markenprodukte. Trump dringt nun auf eine „Meistbegünstigungsregel“: US-Patienten sollen höchstens den niedrigsten Preis zahlen´(„MFN-Preise“), zu dem das Produkt in anderen entwickelten Ländern bereitgestellt wird.2)

Eine entsprechende Verordnung wurde im Mai erlassen. Als Druckmittel gegenüber den Unternehmen dienen einerseits Zölle, andererseits der Zugang zu staatlichen Liefervereinbarungen; auch Einschränkungen bei der Zulassung neuer Medikamente, bei Investitionshilfen sowie Drohungen mit Anti-Trust-Verfahren stehen im Raum. Eine Reihe großer Unternehmen, darunter Pfizer, AstraZeneca, EliLilly, Novo Nordisk und EMD Serono (Merck KGaA), haben mittlerweile Vereinbarungen mit der US-Regierung über beträchtliche Preisabschläge beim Verkauf über die staatliche TrumpRX-Plattform (mit MFN-Preisen) bzw. bei Kostenübernahme durch Medicare oder Medicaid getroffen.

Darüber hinaus soll die Handelspolitik der US-Regierung darauf hinwirken, dass andere Länder keine „künstlichen“ Preisvorteile genießen. Die USA interpretieren die niedrigeren Preise anderswo so, dass den amerikanischen Käufern die Forschungs- und Entwicklungskosten aufgebürdet werden. Dies spiegelt sich in der aktuellen Vereinbarung mit dem Vereinigten Königreich, im Rahmen dessen vom National Health Service gezahlte Preise für Medikamente deutlich erhöht werden. Zudem gaben die Briten Zusagen für Investitionen in den USA. Im Gegenzug soll auf britische Exporte von Pharmaprodukten in die USA kein Zoll erhoben werden. Für EU-Ausfuhren von pharmazeutischen Produkten in die USA gilt dagegen – ebenso wie für die schweizerischen – der vereinbarte „allgemeine“ Zollsatz von höchstens 15 Prozent; die Preissetzung steht zumindest für die EU-Länder nicht zur Disposition. Ausnahmen davon sind aber in Verbindung mit Einzelvereinbarungen der Pharmaunternehmen mit der US-Regierung möglich.

Zwar bestehen nach wie vor preispolitische Risiken, doch scheint die Ertragskraft des europäischen Gesundheitssektors von den Maßnahmen der Trump-Administration weniger beeinträchtigt als befürchtet. Die bisher getroffenen Vereinbarungen der Unternehmen sehen Preisreduktionen im US-Markt vor. Diese fallen jedoch moderater aus als zunächst angenommen. Zudem konnten Ausnahmeregelungen im Bereich der Zölle erreicht werden, was die Belastungen für die Unternehmen weiter begrenzt. Beispielsweise bringt der „Deal“ mit den USA einerseits Abschläge bei den Preisen. Andererseits bietet die künftige Übernahme der Kosten für manche Medikamente durch die amerikanische Medicare mittel- bis langfristige Chancen auf steigende Absatzmengen. Zumindest ein Teil der Preiseinbußen könnte damit auf längere Sicht ausgeglichen werden. Insgesamt stellt sich die Gewinnentwicklung im Gesundheitssektor (auf Basis des MSCI Europa Gesundheit) trotz des Gegenwinds recht robust dar. Für das kommende Jahr erwarten die Analysten im Mittel ein Gewinnwachstum pro Aktie in Höhe von rund 8 Prozent, für 2027 eine Wiederannäherung an den längerfristigen Durchschnitt auf knapp 10 Prozent.

Da die Kurse deutlich stärker gefallen sind als die Gewinne bzw. Gewinnerwartungen, hat sich die Bewertung des Gesundheitssektors relativ zum übrigen Markt verringert. Der Gesundheitssektor ist einer der wenigen Sektoren in Europa, für den das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV, aktuell: 15,5) unter seinem langfristigen Durchschnitt (16,3, 10 Jahres-Mittel) liegt.3) Grafik 2 zeigt sehr schön, dass die Bewertung relativ zum Gesamtmarkt markant gefallen ist.

Die günstige Bewertung haben wir im November zum Anlass genommen, die Untergewichtung des europäischen Gesundheitssektors in den von uns verwalteten Portfolien zurückzuführen. Wir setzen dabei vor allem ETFs ein, was das Einzeltitelrisiko begrenzt und zu einer breiteren Diversifikation beiträgt. Da der Gesundheitssektor zu den defensiven Sektoren zählt, unterstützt die stärkere Gewichtung des Gesundheitsbereich auch die vorsichtig-optimistische Ausrichtung unserer Anlagepolitik.

Stephan Rieke

1) Quelle: LSEG Datastream; MSCI Europe bzw. MSCI Europe Health Care, Net Total Return, in Euro; Stand: 28.11.2025

2) MFN ist eine Abkürzung für „Most Favored Nation“. Das US-Gesundheitsministerium hat eine Liste von Referenzpreisen („MFN prices“) ausgearbeitet, abgeleitet aus Angebotspreisen in anderen Ländern.

3) Quelle : LSEG Datastream, I/B/E/S, Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf Basis der erwarteten Gewinne der nächsten 12 Monate.

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