Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer ODDO BHF SE
Negative Zinsen: Die Schweiz spielt wirtschaftlich in ganz eigener Liga
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkte im Juni den Leitzins auf 0%, da sie eine Inflation von nur noch 0,2% im Jahr 2025 erwartet. In der Schweiz ist die Inflation strukturell niedrig, da die Arbeitsproduktivität schneller steigt als die Löhne. Während die inflationsbereinigten Löhne über die letzten 30 Jahre um 13,4% gestiegen sind, hat die Arbeitsproduktivität pro Person um 25,6% zugenommen, siehe Grafik 1. Zudem stützen die geldpolitische Disziplin der SNB und der starke Franken das stabile Preisniveau. Zunehmende geopolitische Spannungen und politische Unsicherheit in den USA haben dem Schweizer Franken als „sicheren Hafen“ Auftrieb gegeben. Gegenüber dem US-Dollar wertete der Schweizer Franken seit Jahresanfang um 13,9% auf. Durch den starken Franken vergünstigen sich die Importe für Schweizer Konsumenten. Dementsprechend ist die importierte Inflation sowohl langfristig als auch am aktuellen Rand negativ: Im Juni betrug sie -2,8% ggü. Vorjahr, über die letzten 20 Jahre ist das importierte Preisniveau sogar um 9,8% gefallen.

Leitzinsen könnten wieder unter die Nulllinie fallen
Der Schweizer Referenzzinssatz Swiss Average Overnight Rate (Saron) ist auf -0,05% gefallen. Wer sein Geld kurzfristig „über Nacht“ sicher anlegen möchte, muss in der Schweiz vermutlich für einige Zeit mit negativen Zinsen rechnen. Der aktuell negative Zins ist auf das niedrige Inflationsniveau in der Schweiz und ein extremes Sicherheitsbedürfnis der Anleger zurückzuführen. Manche Ökonomen sehen in negativen Zinsen zudem ein Indiz für konjunkturelle Sorgen. Die Schweiz leidet als offene Volkswirtschaft besonders unter den angekündigten US-Zöllen. Die Handelsstatistik deutet zudem aktuell an, dass sogenannte Vorzieheffekte das Wirtschaftswachstum in der Schweiz im ersten Quartal gestützt haben, weil Unternehmen ihre Waren noch vor etwaigen neuen Zöllen in die Vereinigten Staaten exportierten. Dieser Effekt könnte im zweiten Halbjahr wegfallen. Wir erwarten daher für die Schweiz ein reales Wirtschaftswachstum von nur knapp über einem Prozent im Jahr 2025.
Sollten die Inflationsraten in der Schweiz weiter sinken, dann könnte die SNB zur Negativzinsära der Jahre 2015 bis 2022 zurückkehren. Eine Wiederholung dieser langen Negativzinsphase ist jedoch nicht wünschenswert. Denn negative Zinsen bestrafen die Sparer und können gleichzeitig zu Preisauftrieb bei Vermögenswerten wie beispielsweise Immobilien führen. Dies begünstigt eine steigende Ungleichheit. Paradoxerweise können negative Zinsen zu einer Verknappung von Krediten führen, da es für Banken in einem Negativzinsumfeld schwierig ist, profitabel Kredite zu vergeben. Negative Zinsen können zudem bei Anlegern Angst auslösen, ihre Vorsorgeziele nicht erreichen zu können. Deshalb sparen Anleger in einem Niedrigzinsumfeld oftmals vermehrt, anstatt zu konsumieren. Aus diesen Gründen sind negative Zinsen nur bedingt geeignet, die Wirtschaft zu stimulieren und die SNB ist gut beraten, wenn sie nicht erneut zu einer langen Phase negativer Zinsen zurückkehrt.
Asset Allokation in Zeiten von Negativzinsen
Der risikolose Zins hat ein negatives Vorzeichen – das hat klare Folgen für die Asset Allokation. Denn für eine positive Rendite müssen Anleger in der Schweiz nun mehr Risiko eingehen. Für einen Schweizer Anleger ist es wenig attraktiv, Schweizer Franken auf einem Konto zu halten oder in kurzfristige Schweizer Staatsanleihen mit Renditen unter 0 % zu investieren. Positive Renditen gibt es erst bei längeren Laufzeiten ab 3 Jahre, siehe Grafik 2. Für einen ausländischen Anleger beschränkt sich der Reiz auf die Aufwertung des Frankens.

Aus diesem Grund rücken Schweizer Unternehmensanleihen stärker in den Fokus. Renditen länger laufender Anleihen scheinen auf den ersten Blick verlockend, doch mit der Länge der Duration steigt auch das Risiko, dass der Kurs von Anleihen fällt, wenn der Marktzins steigt. Die Tragweite des Zinsänderungsrisikos verdeutlichten die Kursverluste des Schweizer Anleihemarktes, der zwischen Dezember 2021 und Juni 2022 um mehr als 14% fiel.1) Dieses Risiko ist aufgrund der strukturellen Verlangsamung der Inflationsrate in der Schweiz jedoch begrenzt.
Die Lehren aus der letzten Negativzinsphase
Betrachtet man den Zeitraum der Negativzinsen von Ende Dezember 2014 bis September 2022, so erwiesen sich Schweizer Anleihen gemessen an der Rendite als weniger attraktive Anlage im Vergleich zu Aktien und Immobilien. Investierte man pünktlich zu Beginn der Negativzinsphase Anfang 2015 100 Schweizer Franken in den Swiss Bond Index (SBI), der Investment Grade (IG) Anleihen beinhaltet, blieben einem im September 2022, als der Leitzins über die Nulllinie angehoben wurde, noch 92,8 Schweizer Franken (siehe Grafik 3). Da der Schweizer Franken im selben Zeitraum um 24,2% gegenüber dem Euro aufwertete, war die Rendite von Schweizer IG Anleihen in Euro gerechnet dennoch positiv und lag bei einer durchschnittlichen Wertenwicklung von 2,0% p.a.
Im Gegensatz zu Anleihen, verzeichneten Schweizer Aktien (gemessen am SMI Total Return) und Immobilienfonds (gemessen am Immobilienindex SWIIT) während der betrachteten Negativzinsphase deutlich positive Renditen von 6,1% bzw. 3,3% p.a. nominal. In Euro gerechnet fiel die Wertentwicklung angesichts der genannten Aufwertung des Schweizer Franken deutlich höher aus.

Die letzte Phase der Negativzinsen von Ende 2014 bis September 2022 unterstreicht die Attraktivität des Schweizer Franken – auch wenn der risikolose Zins negativ ist.
Die Asset Allokation in unseren Schweizer CHF-Vermögensverwaltungslösungen, die von der ODDO BHF Schweiz AG verwaltet werden, weist ein leichtes Übergewicht in Aktien auf. Dem wertstabilen Schweizer Franken kommt ein dominanter Anteil innerhalb des Portfolios zu.
Aus Sicht eines Euro-Investors bietet eine Anlage im Schweizer Franken eine sinnvolle Währungsdiversifikation – insbesondere in Zeiten politischer Unsicherheit in den USA, die den US-Dollar weiter belasten könnten. Zudem finden sich in der Schweiz auch einige Qualitätsunternehmen mit spannenden langfristigen Wachstumsperspektiven, wie beispielsweise Sika, Belimo und VAT, die an Megatrends wie Urbanisierung, Leichtbauweise und Energieeffizienz sowie E-Mobilität und künstlicher Intelligenz partizipieren könnten. Sika hat sich auf die Entwicklung und Herstellung von Systemen und Produkten zum Kleben, Dichten, Dämpfen und Verstärken für die Bau- und Fertigungsindustrie spezialisiert und könnte sowohl von dem angekündigten Infrastrukturpaket der Bundesregierung als auch vom Niedrigzinsniveau profitieren. Auch Belimo partizipiert als Hersteller von Heizungs- Lüftungs- und Klimaanlagen (HLK)-Systemen von Infrastrukturinvestitionen sowie vom Megatrend künstliche Intelligenz. Denn die HLK-Systeme kommen sowohl in sanierungsbedürftigen Gebäuden als auch in der Kühltechnik von Datencentern zum Einsatz. VAT konzentriert sich auf die Entwicklung und Produktion von Vakuumventilen für die Halbleiter-, Display- und Solarmodulherstellung sowie verschiedene Industrie- und Forschungsanwendungen. Die genannten Unternehmen exportieren ihre Produkte und Innovationen über die Schweizer Grenzen hinaus und sind aktuell Teil des Aktienuniversums unserer Schweizer Vermögensverwaltung.
1) gemessen am Bloomberg global Aggregate Index, der Investment Grade Staats-& Unternehmensanleihen beinhaltet
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