Stephan Rieke und Christian von Hiller, Investment Office Private Wealth Management ODDO BHF

Ende des Regierungsstillstands hellt die Perspektiven für US-Aktien auf

Schon die Aussicht auf ein Ende des Government Shutdowns in den USA hat in den vergangenen Tagen Bewegung in die amerikanischen Aktienmärkte gebracht. Allerdings sollten Anleger diese Erleichterungshausse nicht überbewerten. Die Märkte werden unserer Einschätzung nach nicht dauerhaft unter dem Eindruck des längsten Stillstands in den amerikanischen Bundesbehörden in der Geschichte der USA stehen. Allerdings stellt sich nun die Frage, ob dieser Shutdown dauerhaft die Perspektiven für die amerikanischen Finanzmärkte verändert hat. Die Blockade im Haushaltsprozess hat wieder einmal gezeigt, wie tief die Gräben zwischen Demokraten und Republikanern sind und wie weit sich die beiden großen Regierungsparteien voneinander entfernt haben.

Die US-Verfassung schreibt vor, dass der Staat nur dann Geld ausgeben darf, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt. Ohne Bewilligungsgesetz oder – übergangsweise – eine Verlängerung der Ausgabegenehmigungen (Continuing Resolution) müssen die Staatsaktivitäten heruntergefahren werden. Die Demokraten hatten ihre Zustimmung zu einer Übergangsregelung von einer Fortführung der Zuschüsse zur Krankenversicherung im Rahmen des Affordable Care Acts abhängig gemacht, besser bekannt unter dem Schlagwort Obamacare. Dieses Gesetz hatte der damalige Präsident Barack Obama im Jahr 2010 gegen heftigen Widerstand der Republikaner durchgesetzt. Es verpflichtete Krankenversicherer, ihre Leistungen auszuweiten, und führte eine Versicherungspflicht für jene Amerikaner ein, die nicht schon über ihren Arbeitgeber versichert sind. Der aktuelle Streit entzündete sich an der Forderung der Demokraten, die Subventionen auszuweiten, während die Republikaner generell Kürzungen bei den Sozialausgaben forderten. Rund 40 Millionen Amerikaner profitieren direkt vom Affordable Care Act (ACA). Davon sind etwa 21 bis 22 Millionen über die staatlichen Online-Marktplätze versichert. Etwa 90 Prozent der Versicherten erhalten staatliche Prämienzuschüsse (tax credits), wodurch viele Policen für die Versicherten günstiger oder ganz kostenlos werden. Sollte das Gesetz nicht verlängert werden, würden sich für die meisten Versicherten die Kosten stark erhöhen. Viele würden ihren Versicherungsschutz komplett verlieren.

Das Ende des Shutdowns wurde auf den Weg gebracht, nachdem der Senat mit den Stimmen einiger Demokraten eine Vereinbarung zur Weiterfinanzierung des Haushalts bis Ende Januar 2026 verabschiedet hatte. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag konnte US-Präsident Trump den Übergangshaushalt unterzeichnen. Gewonnen haben die Demokraten die Zusage für eine eigenständige Abstimmung über die Weiterfinanzierung der Zuschüsse für ACA bis Mitte Dezember und zur Wiedereinstellung entlassener Mitarbeiter der Bundesbehörden.

Das Ende des lähmenden Regierungsstillstands hellt unserer Einschätzung nach die Perspektiven für amerikanische Aktien auf. 0,1 bis 0,3 Prozentpunkte des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) dürfte der Stillstand, auf das Gesamtjahr gerechnet, dem Congressional Budget Office zufolge gekostet haben – durch den Wegfall staatlicher Gehälter, durch verschobene oder entfallene Aufträge (z.B. private Dienstleister der Bundesbehörden) und durch verzögerte Konsumausgaben der Staatsbediensteten. Rund 800.000 Bundesangestellte waren unbezahlt beurlaubt worden oder bekommen ihren Lohn mit langer Verzögerung. Die persönlichen Folgen des Regierungsstillstands sind für viele Betroffene schmerzhaft gewesen.

Doch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht hat der Shutdown die US-Wirtschaft nur leicht gebremst. Ein Teil davon könnte durch Nachholeffekte nach Ende des Shutdowns – wenn ausstehende Zahlungen geleistet werden – ausgeglichen werden.

Die Einigung zur Beendigung des Shutdowns ist aber wohl kein Sieg der fiskalischen Vernunft. Beide Seiten, Republikaner und Demokraten, zeigen wenig Interesse an einer Haushaltskonsolidierung. Der Wahlsieg von Zohran Mamdani, der zum linken Parteiflügel der Demokraten zählt, bei der Bürgermeisterwahl in New York ist ein Hinweis darauf, dass Trump auf die Unterstützung der einkommensschwächeren Amerikaner angewiesen sein könnte, wenn er bei den Zwischenwahlen im Herbst nächsten Jahres eine Niederlage abwenden will. Sowohl im Repräsentantenhaus wie auch im Kongress kann sich Trump bisher nur auf eine jeweils dünne Mehrheit stützen. Das scheint auch Trump dazu zu verleiten, über neue finanzielle Wohltaten nachzudenken. Am vergangenen Wochenende brachte Trump in den sozialen Medien die Idee ins Spiel, die Bevölkerung („Personen mit hohem Einkommen ausgenommen“, wie Trump postete) mit einer „Dividende“ von 2000 Dollar an den Zolleinnahmen des Staates teilhaben zu lassen.

195 Milliarden Dollar Zolleinnahmen hat der amerikanische Staat im Haushaltsjahr 2025, das am 30. September zu Ende gegangen ist, erzielt. Das waren 118 Milliarden Dollar mehr als im Jahr zuvor. Details sind bisher nicht bekannt. Doch sollten diese Mehreinnahmen vollständig ausgeschüttet werden, könnten bei einem Betrag von 2000 Dollar etwa 59 Millionen der 340 Millionen US-Bürger oder 17 Prozent von ihnen bedacht werden.

Es ist schwer zu sagen, wie konkret der Plan ist. Allerdings wollte die Trump-Administration die Mehreinnahmen aus den heraufgesetzten Zöllen eigentlich zur Finanzierung der Steuersenkungen und zum Schuldenabbau (besser: zur Verlangsamung des Schuldenanstiegs) verwenden. Wir würden uns also nicht wundern, wenn im Vorfeld der Wahlen 2026 auch kostspielige Vergünstigungen verteilt würden.

Neue Staatsschulden sind aus Anlegersicht eine zweischneidige Angelegenheit. Zunächst stützen sie die Aktienmärkte, da die zusätzlichen Ausgaben entweder Steuersenkungen finanzieren und damit die Wirtschaft stützen oder über neue Staatsaufträge zu höheren Umsätzen bei den Unternehmen führen – und manchmal auch beides. Deshalb reagieren die Aktienmärkte häufig positiv auf staatliche Ausgabenprogramme, auch wenn sie über Schulden finanziert werden. Allerdings schränkt der erhöhte Schuldendienst die künftige Handlungsfreiheit des Staates ein. Somit gibt es in der Staatsfinanzierung einen Kipppunkt, von dem an die negativen Effekte von Staatsschulden überwiegen. Diesem Punkt nähern sich die USA an. Hinzu kommt, dass überhöhte Staatsschulden die Gesamtwirtschaft durch unverhältnismäßig hohe Zinsen belasten, da sich die Zinsen für Unternehmensanleihen und -kredite an den Zinsen für Staatsanleihen orientieren. „Die Höhe der Verschuldung ist tragbar, der Weg, auf dem wir uns bewegen, jedoch nicht“, warnte Jerome Powell, Gouverneur der Federal Reserve, im Sommer 2024.

Die hohen Staatsschulden sind ein Faktor, den wir in unserer Einschätzung der amerikanischen Finanzmärkte aufmerksam im Blick behalten. Vermutlich spielen die unmittelbaren expansiven Wirkungen der Finanzpolitik – wie Steuersenkungen und verbesserte Abschreibungsbedingungen   für die US-Aktienmärkte derzeit aber eine wichtigere Rolle als die langfristigen Risiken, die mit der steigenden Staatsverschuldung in den USA verbunden sind. Vor diesem Hintergrund, und unter Berücksichtigung der Ertragsstärke und starken Wachstumsperspektiven einer Reihe von US-Unternehmen, spielen US-Aktien in den von uns verwalteten Portfolien mit entsprechender Risikobereitschaft eine weiterhin bedeutende Rolle. Allerdings dürfte die wachsende Staatsverschuldung der USA dazu beitragen, dass der Spielraum für niedrigere langfristige Renditen beschränkt bleibt.

Stephan Rieke und Christian von Hiller

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