Stephan Rieke und Christian von Hiller, Investment Office Private Wealth Management ODDO BHF
Besonnene Marktreaktion auf Konflikt im Nahen Osten
Die ersten Marktreaktionen auf den amerikanischen Militärschlag gegen drei iranische Atomanlagen sind erstaunlich gelassen ausgefallen. Anleger, die eine Eskalation im Nahen Osten nach dem Angriff mit bunkerbrechenden Spezialbomben im Iran von der Nacht von Freitag, 20. Juni auf den Samstag, 21. Juni erwartet hatten, sind zu Beginn dieser Woche auf dem falschen Fuß erwischt worden. Ungeachtet der iranischen Drohung, die für die globale Ölversorgung so wichtige Straße von Hormus zu schließen, ist der Ölpreis unmittelbar nach dem Militärschlag kräftig gesunken. Die an den Finanzmärkten richtungsweisende Sorte Brent startete zwar mit einem kräftigen Preissprung auf über 80 Dollar je Barrel (159 Liter) in die Woche; die Notierungen fielen aber noch am gleichen Tag auf gut 70 Dollar zurück. Aktuell wird das Fass bei etwa 68 Dollar gehandelt.
Die Aktienmärkte starteten wachsam aber abwartend in die Woche. Während der DAX den Montagshandel noch mit einem leichten Minus von 0,35 Prozent gegenüber den Schlusskursen von Freitag beendete, drehte der amerikanische Aktienindex S&P 500 bereits am Montagabend ins Plus und beendete den Handel mit einem Anstieg um 1 Prozent. Am Dienstag entspannten sich die Märkte deutlich. Der Volatilitätsindex VIX, der sich auf den S&P 500 bezieht, lag bereits am Dienstagabend wieder bei 17,5, was unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre liegt. Die Aktienmärkte legten ab Dienstag zu. Auch Gold, gerne als Angstwährung bezeichnet, entwickelte sich am Montag weitgehend seitwärts um 3370 Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm). Der Goldpreis bildete sich im weiteren Wochenverlauf auf rund 3.290 Dollar pro Feinunze am Freitagvormittag zurück.
Am Dienstag hatte die iranische Regierung eingelenkt und einer Waffenruhe mit Israel und den USA zugestimmt. Das haben die Anleger an den Aktienmärkten ebenfalls überwiegend positiv aufgenommen. Damit wird zwar ein Regimewechsel im Iran, den Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und auch US-Präsident Donald Trump in den Raum gestellt hatten, weniger wahrscheinlich. Doch gleichzeitig scheint damit eine weitere Eskalation der Konflikte im Nahen Osten für die nächste Zeit abgewendet zu sein. Bis auf Weiteres scheint sich die Lage in dieser spannungsgeladenen Region beruhigt zu haben. Die Gräben zwischen den Konfliktparteien sind aber vermutlich nochmals tiefer geworden, die längerfristigen Perspektiven sind ungewiss.
Anleger sollten Portfolioentscheidungen weder auf Erwartungen noch auf Annahmen stützen und schon gar nicht auf politische. Und doch agieren Anleger zwangsläufig in einem Umfeld der Ungewissheit, wobei sich das weltpolitische Umfeld derzeit nicht ausblenden lässt. Wir werten es als positives Signal, dass die Aktienmärkte auf die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten mit Augenmaß reagiert haben.
Die europäischen und amerikanischen Aktienmärkte haben sich bisher gegenüber den Belastungen durch die Weltpolitik relativ robust gezeigt. Dazu trägt vermutlich auch bei, dass viele Unternehmen in den vergangenen Monaten und Jahren konsequent Risiken aus ihrem Geschäft genommen haben, um widerstandsfähiger gegenüber möglichen Störeinflüssen und insbesondere einer wechselhaften Politik zu werden. Auf dem Jahrestreffen des deutschen Industrieverbands BDI hat der neue Präsident des Verbands, der württembergische Unternehmer Peter Leibinger, zu Recht hervorgehoben, dass die deutsche Industrie hart an ihrer Resilienz, ihrer Widerstandskraft gegenüber weltpolitischen Krisen, hybriden Angriffen, Cyberattacken und gestörten Lieferketten, gearbeitet habe.1)
Dieser neue Fokus, den vorausschauende Unternehmenslenker heute legen müssen, erhöht die Kosten. Denn sie müssen stärker in IT-Sicherheit und Lagerhaltung investieren und Standortentscheidungen stärker an sicherheitspolitischen Aspekten ausrichten. Zusammen mit Konjunkturaussichten, die sich in den vergangenen Monaten unter dem Eindruck der amerikanischen Handelspolitik für die gesamte Weltwirtschaft abgeschwächt haben, müssen sich Anleger möglicherweise auf ein langsameres Gewinnwachstum einstellen.
Allerdings sollten Anlageentscheidungen immer auch die Risikokomponente berücksichtigen. Dieser Aspekt hat unserer Einschätzung nach an Bedeutung gewonnen, seitdem die Wirtschaft zunächst die Corona-Pandemie verkraften musste und anschließend den russischen Angriff auf die Ukraine, die Terroranschläge der Hamas gegen die israelische Bevölkerung, die militärische Offensive Israels im Gaza-Streifen und nun die kriegerische Auseinandersetzung gegen den Iran. Hinzu kommt der Terror der Huthi-Rebellen im Jemen, durch den immer wieder die Einfahrt für Containerschiffe in das Rote Meer und den Suez-Kanal versperrt wird. Diverse andere Konflikte wie etwa der zwischen China und Taiwan schwelen.
Niemand kann zuverlässig vorhersagen, wie sich die Aktienmärkte in den nächsten Monaten entwickeln werden und wie die geopolitische Lage in den kommenden Monaten aussehen wird. Deshalb kommt es jetzt verstärkt darauf an, das Portfolio so auszurichten, dass es Belastungen an den Kapitalmärkten, so gut es geht, standhält. Ohne Frage sind die Aktienmärkte anspruchsvoll bewertet, in Europa, aber noch mehr in den USA. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für den S&P 500 ist seit Jahresanfang nur geringfügig von knapp 30 auf jetzt rund 27 gesunken. Das KGV für den Dax liegt seit Jahresanfang nur wenig verändert bei etwa 18,5.
Die nach wie vor hohe Bewertung an den Aktienmärkten beunruhigt unsere Portfolio-Manager nicht über Maßen. Denn aus der Bewertung lässt sich nur ableiten, dass die Marktpreise im historischen Vergleich eher hoch sind. Das spricht dafür, dass die langfristige Renditeerwartungen etwas vorsichtiger einzuschätzen sind. Die Kennzahl sagt aber nicht, dass ein Kurseinbruch bevorstehen könnte. Die besonnene Reaktion der Märkte auf die Eskalation des Konflikts im Nahen Osten beruhigt uns ein wenig.
Wir bleiben deshalb an den Aktienmärkten engagiert. Dies ist vermutlich nicht die Zeit, aggressiv ins Risiko zu gehen. Aber genauso wenig sollten Anleger unter Abwägung der aktuellen Risiken die Chancen, die der Aktienmarkt langfristig ausgerichteten Investoren bietet, links liegen lassen.
Stephan Rieke und Christian von Hiller
1) Zitiert nach: BDI: TDI25: BDI-Präsident für entschlossenen Reformkurs, starke Wirtschaft ist auch Grundlage für starke Gesamtverteidigung. Pressemitteilung vom 23. Juni 2025.
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